Eine Rezension zu einem Lied, das aus Sicht des Autors, sagen wir: nicht zu den Top 6 des Albums gehört, muss nicht zwangsläufig positiv ausfallen. Im vorliegenden Fall bedarf es dennoch keiner Selbstverleugnung, um lobende Worte für ASAP zu finden.
Bei diesem Album ließe sich ja ohnedies nur auf allerhöchstem Niveau jammern, denn Lenas drittes Werk bewegt sich in seiner Gesamtheit – Produktion, Klang, kompositorischer Anspruch – auf einem beachtlichen Level. Doch ganz unabhängig davon liegt es einfach an ASAP selbst. Dieses Duett ist zwar nicht ganz normal, um nicht zu sagen völlig spinnert. Gleichwohl – oder gerade deswegen – hat es mich, wenn auch mit einer gewissen Verzögerung, gepackt.
Lenas Gesangspartnerin Linda Carlsson alias Miss Li zählt derzeit zu den renommiertesten schwedischen Popkünstlerinnen. Ihre Musik fand unter anderem in Blockbuster-Serien wie Greys Anatomy Verwendung, ihr Stück Bourgeois Shangri-La hielt Einzug in einen Werbespot von Apple. Die Schwedin hat ein großes Faible für einen 60er-Retro-Stil, was bei ASAP auch voll durchschlägt. Entstanden ist ein temporeicher und gehörig treibender Song, bei dem die beiden Vokalistinnen mächtig viel Spaß haben, oder genauer gesagt: Die beiden gehen ab wie Schmidts’ Katze. Ja, es ist musikalisch sehr simpel gestrickt und ruft Assoziationen zu Girlie-Hits à la Britney Spears hervor. Aber das stört hier nicht nur nicht, sondern ist gerade der Witz bei diesem so herrlich überdrehten Fun‑Werk, das rotzig und punkig über einen herfällt.
Die Frage, ob Lena ASAP auf der Bühne auch ohne Duettpartnerin hinschmettern kann, wurde von ihr am 20. September im Schmidts Tivoli beantwortet. Das schon im Stück selbst angelegte parodistische Element ist wie geschaffen dafür, von ihrer Improvisationskunst auf der Bühne auf die Spitze getrieben zu werden – mit Verve sang sie gegen sich selbst an und mimte nahe am Pogo auch körperlich den fehlenden Gegenpart. Tolle Show! Und auch die jüngst in einem SWR-Studio präsentierte Unplugged-Version kann sich sehen und hören lassen: >Video<
Vor Kurzem erst stellte ein Moderator von MDR Jump Lena die Frage, wie es dazu gekommen sei, dass sie sich musikalisch von einer „Hau-drauf-Frau“ zu einem „Blumenmädchen“ entwickelt habe. Es scheint, der Moderator kannte zu diesem Zeitpunkt noch nicht das komplette Album, jedenfalls kannte er mit Sicherheit den neunten Track noch nicht. Denn ASAP ist nichts anderes als eine Hau-drauf-Nummer, bei der Lena und Miss Li lospowern, dass sich die Balken biegen. Was für ein fetter Twist!
Morgen: Neon
