Mit Time, der Flipside zu ihrer fünften Single Stardust, hat Lena wieder einen bereits veröffentlichten Song eines anderen Künstlers gecovert;
das Original stammt von Ben’s Brother und ist ein ziemlich smokiesker Schmachtfetzen mit Pianobegleitung. Natürlich wäre Lena nicht Lena, wenn sie es nicht schaffte, eine solch problematische Vorlage – ganz konträr zum der Stimmung des Originals durchaus angemessenen Text – auf Verandatemperatur herunterzukühlen. Ein wenig wie die noch gefälligere und lässig-abgeklärtere Easy-Listening-Variante zu Push Forward kommt der Song daher, aber ein durchaus wirkungsvolles pièce de resistance ist eben doch enthalten: nämlich Lenas eigene Backing Vocals, die ab der Mitte des Liedes allmählich in den Vordergrund rücken und in ihrer Eindringlichkeit die emotionale Intensität zum Schluss hin noch einmal steigern.
Im großen und ganzen plätschert Time jedoch ziemlich gemütlich dahin, was im Anschluss an das großformatige Stardust aber durchaus gut passt. Die ganze Single ist wie geschaffen für warme Herbstabende im Freien, als musische Veredelung für Menschen, die gerne guten Pop hören. Diesen Zweck erfüllt die Single vorzüglich, und Time hat daran seinen gerechten Anteil. Von der Idee, dieses Lied – etwa als Bonustrack auf einer selbstgebrannten CD – dem Album Stardust hintanzufügen, sei jedoch abgeraten. Der Song verliert dann auf einmal seinen Charme und verwandelt sich in akustische Diätcola. Und damit verdirbt er auch den Abgang des Albums – so als ob man in einem Anfall von kindlichem Übermut im Anschluss an eine Flasche großen, reifen Weines tatsächlich Diätcola tränke. Lena hat sehr genau gewusst, wofür dieser Song gut ist und wofür nicht; man vertraue und folge ihr also dahingehend, dass man Single und Album immer streng getrennt halte. Dann hat man an beiden garantiert ungetrübte Freude.
Morgen: To the Moon